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Polizei und Stadtgesellschaft – zum Umgang mit Geflüchteten vor Ort

30. 01. 2023
Verfasst von: Sybille Münch, Leonie Jantzer

Polizei und Stadtgesellschaft – zum Umgang mit Geflüchteten vor Ort

Zwei Personen von der Polizei und dem Ordnungsamt beobachten zusammen eine Menschenmenge. © Sebastian Hansen, Pixabay
Viele Städte versuchen, Geflüchteten das Ankommen zu erleichtern, Maßnahmen und Sicherheitsstrategien unterscheiden sich aber lokal. Auch die Polizei verfügt über einen beträchtlichen Gestaltungsspielraum.

Geflüchteten Menschen das Ankommen in Städten zu erleichtern ist eine Aufgabe der Politik und Gesellschaft. Doch welche Rolle spielt dabei die Polizei mit ihren Sicherheitsstrategien? Das untersuchen Forscherinnen der Leuphana Universität Lüneburg in einem Kooperationsprojekt. Erste Ergebnisse zeigen, dass es eine Bandbreite von polizeilichen Handlungsoptionen gibt, die sich aber lokal unterscheiden. Darin liegt auch das Potenzial, die Integration zu unterstützen, zum Beispiel über Mitgestaltung und Vertrauensbildung.

Stadtspezifische Wahrnehmung und Bearbeitung durch die Polizei

Gesellschaftliche und politische Diskussionen über die Aufnahme von Geflüchteten sind häufig mit Fragen zur öffentlichen Sicherheit verknüpft. Der Polizei kommt als staatliches Vollzugsorgan zur Wahrung der Sicherheit eine besondere Rolle zu. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen, in welcher Weise die alltägliche Polizeiarbeit im Zusammenhang mit Geflüchteten in einen lokalspezifischen, stadtpolitischen und zivilgesellschaftlichen Kontext eingebettet ist und davon geprägt wird. Inwiefern kann die Polizei dabei das Miteinander in „ihrer“ Stadt mitgestalten?

Beim Forschungsprojekt „Polizei, Politik, Polis – Zum Umgang mit Geflüchteten in der Stadt“ arbeitet die Leuphana Universität Lüneburg mit der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit Wiesbaden zusammen. Im Mittelpunkt steht die Annahme, dass Städte aufgrund ihrer Historie und ihres Selbstverständnisses mit gesellschaftlichen Prozessen unterschiedlich verfahren. Städte bieten stets individuelle, lokal geprägte Räume, in denen Menschen kooperieren und Konflikte artikulieren können. Es gibt Unterschiede, wie Städte mit Gemeinsamkeiten und Differenzen umgehen, welche Bedürfnisse und Problemlagen sie fokussieren und wie sie diese interpretieren.

Unterstützen, mitgestalten, sensibilisieren

Zur Überprüfung dieser These analysieren die Forschenden

  • die Rolle der Polizei als staatliche Gewalt vor Ort („Polizei“),
  • die Relevanz stadtpolitischer Strategien im Umgang mit Flüchtlingsfragen („Politik“) sowie
  • die Bedeutung zivilgesellschaftlicher Akteure, Netzwerke und Diskurse („Polis“).

Projektleiterin Sybille Münch, Gastwissenschaftlerin am Zentrum für Demokratieforschung der Leuphana, geht davon aus, dass „auch die Landespolizei vor Ort über einen beträchtlichen Gestaltungsraum verfügt, obwohl sie in ihrem Handeln einheitlich geltendes Recht durchzusetzen hat.“ Die Polizei entwickele spezifische Strategien für die Öffentlichkeitsarbeit vor Ort, könne sich in lokalen Netzwerken und Gremien beteiligen und an Orten wie Schulen für ihre Themen und Sichtweisen sensibilisieren.

Polizeistation mit geparkten Polizeifahrzeugen davor © Leonie Jantzer, Leuphana
So wie die Städte setzen auch lokale Polizeidirektionen eigene Akzente im Umgang mit Geflüchteten. Die Polizei bringt sich vielerorts in Netzwerke ein und setzt auf Prävention.

Dafür haben die Projektpartner zunächst in Braunschweig, Osnabrück und vier weiteren Städten in Hessen und Baden-Württemberg ermittelt, wie die Polizei Herausforderungen und Handlungsmöglichkeiten im Kontext Flucht und Migration wahrnimmt, welche Sicherheitsstrategien sie verfolgt und welche lokalen Diskurse es gibt. Bereits nach der ersten Sichtung des Materials ist „eine Bandbreite von polizeilichen Handlungsoptionen vor Ort erkennbar – insbesondere mit Blick auf die Ankunftszeit zahlreicher Geflüchteter im Sommer 2015“, berichtet die wissenschaftliche Mitarbeiterin Leonie Jantzer. Als Beispiel nennt sie die praktische Amtshilfe in der Hochphase der Ankunft oder die Versuche, den Geflüchteten die Angst vor der Polizei zu nehmen, die in den Herkunftsländern oder auf der Flucht entstanden ist.

Konflikte erkennen, Potenziale nutzen

Das dreijährige Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Die Forschenden erwarten Erkenntnisse darüber, inwiefern sich von spezifischen städtisch-polizeilichen Umgangsweisen mit Geflüchteten sprechen lässt und wo deren Bruchstellen, Konflikte und Potenziale liegen. Das Projekt leistet einen Beitrag dazu, die Rolle der Polizei in der Aushandlung von fluchtbedingter Diversität in Stadtgesellschaften zu verstehen sowie die Bedeutung von Flucht und Migration für das urbane Regieren zu formulieren.

Redaktioneller Hinweis: Dieser Text steht unter der CC BY 3.0 DE-Lizenz
Prof. Dr. Sybille Münch
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Leuphana Universität Lüneburg
Zentrum für Demokratieforschung (ZDEMO)
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Leonie Jantzer, M. A.
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Leuphana Universität Lüneburg, Wissenstransfer
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21335 Lüneburg
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