29. 07. 2024
Verfasst von: Maike Paul
Seegraswiesen für den Klimaschutz
Seegras hat eine immense Bedeutung für den Klima- und Küstenschutz, doch Temperaturanstieg, Überdüngung und intensiver Tourismus bedrohen die Bestände weltweit. Unter der Koordination der Leibniz Universität Hannover hat ein multidisziplinärer Forschungsverbund neue Seegraswiesen in der Ostsee angepflanzt. Und es gibt erste, beeindruckende Erfolge: Die angelegten Wiesen werden dichter, die Methoden zur Wiederansiedlung funktionieren und die Akzeptanz in der Bevölkerung wächst.
Erste Erfolge bei Wiederansiedlung in der Ostsee
Seegraswiesen können große Mengen CO2 speichern, die Küsten gegen Erosion stabilisieren und einen Lebensraum für Tausende von Arten schaffen. Seegräser entnehmen dem Meer das Treibhausgas CO2 und speichern dessen Kohlenstoffanteil im Meeresboden ein – und zwar mit einer erheblich höheren Rate als jeder Wald an Land. Aber wie andere Küstenökosysteme sind auch Seegraswiesen stark bedroht. Die Meerwassererwärmung sowie Überdüngung, intensiver Tourismus und Siedlungsbau gefährden die Bestände weltweit. Auch die dominierende Seegrasart in der südlichen Ostsee, Zostera marina, steht vor dieser großen Herausforderung. Hier setzt das Verbundprojekt SeaStore an: Ziel ist es, Seegraswiesen erfolgreich wiederherzustellen.
„Die Erfolgsaussicht einer Wiederansiedlung hängt von einem komplexen Zusammenspiel vieler Faktoren ab“, sagt Projektleiterin Dr. Maike Paul vom Ludwig-Franzius-Institut für Wasserbau, Ästuar- und Küsteningenieurwesen (LuFI) der Leibniz Universität Hannover. Basierend auf skandinavischen Vorarbeiten werden diese Faktoren in dem multidisziplinären Projekt untersucht. Die Zusammenarbeit erfolgt mit dem Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik in Hannover, der Technischen Universität Braunschweig, der Universität Greifswald, dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und dem Institut für Weltwirtschaft Kiel.
Taucher pflanzen Wiese aus Seegras
„Die Wiederansiedlung von Seegras im Projektgebiet läuft äußerst erfolgreich“, freut sich Maike Paul. An drei Standorten entlang der schleswig-holsteinischen Ostseeküste (Kiel, Maasholm und Geltinger Bucht) haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler insgesamt mehr als 3.000 Quadratmeter mit 12.000 Pflanzen bestückt, die Forschungstaucher zuvor vorsichtig einer intakten Seegraswiese entnahmen. An einem Standort gab es anfängliche Startschwierigkeiten, doch insgesamt hat die Vegetationsdichte zugenommen und ist um mehr als das 25fache gestiegen. „Nach einem Jahr entspricht sie nun nahezu der Dichte einer natürlichen Wiese und ist inzwischen auf Satellitenbildern gut zu erkennen“, erläutert die Geoökologin.
Die Standorte und Pflanzungen unterscheiden sich darin, wie stark sie der Wellenbelastung ausgesetzt sind und wie viele Pflanzen pro Quadratmeter gepflanzt wurden. Das Forschungsteam hat auf den Flächen in regelmäßigen Abständen die Ausbreitung, Kohlenstoffspeicherung, Sedimentstabilisierung und biologische Vielfalt (inklusive der mikrobiellen Gemeinschaften) gemessen sowie die Entwicklung der Pflanzen bewertet. Diese Daten werden mit einer natürlichen Seegraswiese verglichen, um Unterschiede beziehungsweise Ähnlichkeiten zu verstehen. Die Akzeptanz und Wahrnehmung in der Bevölkerung wird durch bundesweite Bevölkerungsbefragungen ermittelt. „Erste Auswertungen zeigen, dass eine Wiederansiedlung von Seegras als innovativer Beitrag zur Kohlenstoffspeicherung größtenteils positiv bewertet wird“, berichtet Maike Paul.
Vielversprechendes Instrument für Küstenmanagement
Die Instrumente und Modelle aus dem Projekt SeaStore sollen Behörden und anderen Akteurinnen und Akteuren dabei helfen, die Ansiedlung von Seegraswiesen zu bewerten, zu planen und erfolgreich umzusetzen. „Unsere ersten Ergebnisse demonstrieren sehr erfolgreich die Machbarkeit der Seegraswiederansiedlung“, resümiert Maike Paul. Sie sieht in dieser Methode ein vielversprechendes Instrument für das Küstenmanagement der Zukunft. Ein Leitfaden ist in Planung, der alle Aspekte der Seegras-Restauration abdeckt: von der Wahl geeigneter Standorte, Samen oder Sprösslinge über Auspflanzungen und Erfolgskontrolle bis hin zur Beteiligung der Küstenbevölkerung und weiterer Interessengruppen, um Erfolgsaussichten und öffentliche Akzeptanz zu steigern. Das Verbundprojekt SeaStore ist vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund zwei Millionen Euro gefördert worden. Eine Projektverlängerung ist beantragt.
Hier finden Sie weitere Informationen:
- Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik, Universität Hannover
- Institut für Geoökologie, Technische Universität Braunschweig
- Institut für MikrobiologieUniversität Greifswald
- https://mikrobiologie.uni-greifswald.de/
- GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
- Institut für Weltwirtschaft Kiel
Redaktioneller Hinweis: Dieser Text steht unter der CC BY 3.0 DE-Lizenz, die Bilder sind davon ausgenommen.
Ludwig-Franzius-Institut für Wasserbau, Ästuar- und Küsteningenieurwesen
Ludwig-Franzius-Institut für Wasserbau, Ästuar- und Küsteningenieurwesen
30169 Hannover
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