20. 06. 2024
Verfasst von: Mark-Frederik Winter
Der (fast) perfekte Stoffkreislauf für PET-Flaschen
Einweggetränkeflaschen und sonstige Gebrauchsgegenstände aus PET (Polyethylenterephthalat) oder Textilien aus Polyester sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Ein entscheidender Nachteil des Materials ist jedoch, dass es nur sehr begrenzt recycelbar ist. Um das zu ändern, forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität Braunschweig an einem neuen Recyclingverfahren, das PET in seine Ausgangsstoffe zurückversetzt. So ließe sich der Stoffkreislauf nahezu komplett schließen.
Rohstoffe aus Plastikmüll zurückgewinnen
Kunststoffe wie PET werden zum Recycling normalerweise zu Flakes zerkleinert und dann in neues PET eingearbeitet. Auf diese Weise werden zum Beispiel Getränkeflaschen oder Textilien mit Recyclinganteil hergestellt. Dabei gibt es zwei entscheidende Nachteile: Zum einen funktioniert dieses Verfahren nur mit sortenreinen Kunststoffen. Kunststoffverbunde wie etwa PET/PE-Schalen (PE = Polyethylen) oder eingefärbte Kunststoffe scheiden für dieses Recyclingverfahren aus, da andere Polymere oder Farbpartikel nicht abgetrennt werden können. Zum anderen verkürzen sich durch das mechanische Recycling die Polymerketten. „Eine PET-Flasche kann mit diesem Verfahren bis zu achtmal recycelt werden. Danach wird sie verbrannt und geht dem Wertstoffkreislauf verloren“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Stephan Scholl.
PET in seine Grundkomponenten rückführen
Um den Stoffkreislauf zu schließen, hat seine Arbeitsgruppe am Institut für Chemische und Thermische Verfahrenstechnik der TU Braunschweig ein neues Verfahren entwickelt, das Kunststoffe wie PET in seine Ursprungsmaterialien zurückversetzt. Hierbei werden zerkleinerte und gewaschene Kunststoff-Flakes in einem Extruder depolymerisiert. Es entsteht eine teigartige Masse, die anschließend in Wasser gelöst wird. Die Wertkomponenten Monoethylenglykol und Dinatriumterephthalat sind vollständig im Wasser löslich, nicht lösliche Verunreinigungen wie Farbpartikel oder Fremdpolymere lassen sich herausfiltern. Durch Zugabe einer Säure (zum Beispiel Schwefelsäure) zur wässrigen Lösung bildet sich Terephthalsäure, welche dabei als Feststoff ausfällt. Die Monomere Ethylenglykol und Terephthalsäure lassen sich nun einfach vom Wasser trennen, um daraus von neuem PET herzustellen.
Hohe Ressourceneffizienz, vielfältig übertragbar
Im Gegensatz zum Recycling mit zerkleinerten PET-Flakes kann die neue Methode beliebig oft wiederholt werden. Sie ist sehr klimafreundlich und mit bis zu vier Stunden Prozesszeit ähnlich schnell wie der herkömmliche Recyclingprozess. „Mit nur drei bis fünf Prozent Materialverlust sind wir auf dem Weg zu einem fast perfekten Stoffkreislauf“, resümiert Stephan Scholl. Auch die Investitionen und Betriebskosten schätzt der Verfahrenstechniker kaum höher ein als für eine mechanische PET-Recycling-Anlage. Das neue Verfahren wird bereits in einer Technikum-Anlage zusammen mit dem Partner RITTEC 8.0 Umwelttechnik GmbH und Kunden im kleinen Maßstab umgesetzt und soll weiter automatisiert werden. Schon jetzt steht fest, dass alle Polykondensate auf diese Weise recycelbar sind – somit auch Kleidung. Dabei testet das Forschungsteam vor allem Mischgewebe, zum Beispiel Polyester mit Baumwolle oder mit Elasthan, auf ihre Recycelbarkeit. Mit Partnern in Brasilien, Thailand und Ghana wird die Übertragbarkeit der Technologie in den globalen Süden evaluiert.
Hier finden Sie weitere Informationen:
Institut für Chemische und Thermische Verfahrenstechnik
Institut für Chemische und Thermische Verfahrenstechnik
38106 Braunschweig
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