24. 10. 2024
Verfasst von: Vanessa Mertins, Maximilian Hiller, Devin Kwasniok, Cheyenne Wübbelmann, Christina Amrhein-Bläser
Verhaltensforschung: Motivation zur gesunden Bewegung
Warum fällt es vielen Menschen so schwer, gesünder zu leben und sich mehr zu bewegen? Wie lassen sich Gesundheitsstrategien auf diverse Zielgruppen maßschneidern? Forscherinnen und Forscher der Universität Vechta untersuchen, wie wirksam und nachhaltig sich verschiedene Anreize auf die Motivation auswirken. Mit der Datenbasis und den gewonnenen Erkenntnissen lassen sich Gesundheitsangebote für unterschiedliche Zielgruppen optimieren.
Verhaltensökonomie im Dienste der Gesundheit
Gesünder leben, sich mehr bewegen – das klingt so einfach, ist es aber nicht. Die Gründe hierfür sind wahrscheinlich so vielfältig wie die Menschen selbst. Wie können unter diesen komplexen Voraussetzungen Gesundheitsangebote dennoch wirksam zum Erfolg führen? Wie lassen sich Motivation und Akzeptanz steigern? Das untersucht eine Forschungsgruppe der Universität Vechta im Projekt „ActiVAtE Behavior“. „Unser Ziel ist es, Menschen dabei zu helfen, gesündere Entscheidungen zu treffen und persönliche Vorsätze einzuhalten“, sagt Projektmitarbeiter Dr. Maximilian Hiller und verweist auf positive Effekte für das Individuum, seine soziale Umgebung und die Gesellschaft als Ganzes.
Anreize sollen helfen, sich mehr zu bewegen
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen mit verschiedenen Zielgruppen die Wirksamkeit und Akzeptanz zahlreicher Maßnahmen und inwieweit diese die körperliche Aktivität steigern. Über einen Zeitraum von 16 Monaten testeten sie mit 1.100 Probandinnen und Probanden die unterschiedlichen Anreize und Instrumente. „In der Studie ging es primär um die zurückgelegten Schritte, da sie sich objektiv messen und bewerten lassen“, berichtet Maximilian Hiller. Eine hierfür speziell entwickelte Smartphone-App erfasst dabei das individuelle Bewegungsverhalten und unterstützt die Kommunikation und das Feedback zwischen Teilnehmenden und Forschungsteam.
Als Anreiz dienen sogenannte verhaltensökonomische Interventionen, die Maximilian Hiller an Praxisbeispielen veranschaulicht:
- Monetäre Anreize: Erreiche 10.000 Schritte, dann erhältst du 1 € Bonus.
- Verlustbasierte Selbstbindungsinstrumente: Hinterlege ein Pfand von 1 €. Erreichst du das vereinbarte Ziel – 10.000 Schritte – erhältst du das Pfand zurück. Bist du nicht erfolgreich, verlierst du das Pfand in Höhe von 1 €.
Mithilfe ökonomischer Entscheidungs-Experimente hat das Team zusätzliche wichtige Daten wie Ehrlichkeit, Kooperation und Aversion gegen Ungleichheit erhoben, um die Wirkungsweise der Interventionen zu überprüfen:
- Beim Münzwurfspiel werfen Spieler privat eine Münze; das Ergebnis bestimmt über die Aufteilung einer Geldsumme. Der Spieler muss entscheiden, ob er ehrlich ist und das Ergebnis des Münzwurfs korrekt nennt, oder ob er lügt, um einen höheren Betrag zu erhalten.
- Beim Diktatorspiel erhält ein Spieler, der „Diktator“, eine Geldsumme. Er entscheidet alleine, wie viel Geld er den anderen Mitspielern abgibt und wie viel er für sich behält.
- Beim Öffentlichen-Gut-Spiel erhalten die Spieler einen Geldbetrag und zahlen einen geheimen Anteil davon in einen gemeinsamen Topf ein. Der anonyme Inhalt wird dann multipliziert und gleichmäßig auf alle Spieler verteilt.
Persönliche Ziele eigenständig setzen
„Die Studie liefert zentrale Erkenntnisse für die Gestaltung von zielgerichteten Gesundheitsmaßnahmen“, zieht Maximilian Hiller ein erstes Fazit. Es wurde deutlich, dass die Akzeptanz und somit auch die Wirksamkeit verschiedener Motivationsinstrumente insbesondere dann steigen, wenn sich die Teilnehmenden eigene Ziele setzen dürfen. „Es ist jedoch wichtig, dass die selbstgewählten Ziele zwar ambitioniert, aber auch realisierbar sind“, gibt der Verhaltensökonom zu bedenken. „Häufige Misserfolge führten bei einigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu Demotivation und dem Gefühl der Überforderung.“
Akzeptanz von Maßnahmen vorhersagen
Die Studie verdeutlicht zudem, dass sich die Interventionen sehr heterogen auswirken. „Aber wir können nun vorhersagen, welche Maßnahmen voraussichtlich auf hohe Akzeptanz stoßen werden“, erläutert Maximilian Hiller, „indem wir Persönlichkeitseigenschaften wie Risikoaversion, Altruismus, Wettbewerbsneigung, Vertrauen und Kooperationsbereitschaft analysieren.“ Zum Beispiel reagieren leistungstechnisch heterogene Teams besser auf Anreize als homogene Teams und steigern ihre durchschnittliche Leistung. Probanden, die weniger wettbewerbsorientiert sind oder Verlustrisiken vermeiden, lassen wiederum mögliche Boni liegen, auch wenn sie bereits bewiesen haben, dass sie das damit verbundene Ziel schaffen könnten.
Die gewonnenen Erkenntnisse, ergänzt durch weitere Kooperationsprojekte, unterstreichen die Bedeutung einer umfangreichen Datenbasis, um maßgeschneiderte Gesundheitsstrategien, im Sinne von Data-Driven Health, für diverse Zielgruppen zu entwickeln. Die VolkswagenStiftung förderte das Projekt über die Förderlinie „Niedersächsisches Vorab: Big Data in den Lebenswissenschaften“. Die App wird aufgrund nur befristet zur Verfügung stehender Projektmittel nicht dauerhaft zugänglich sein.
Hier finden Sie weitere Informationen:
ActiVAtE Behavior
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49377 Vechta
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