01. 10. 2020
Verfasst von: Nick Lin-Hi
Transparente Textilproduktion dank digitaler Technologien
Woran erkenne ich eine fair produzierte Jacke? Konsumentinnen und Konsumenten können mit ihrer Entscheidung eine nachhaltige Entwicklung in der Textilindustrie fördern. Das erfordert jedoch mehr Transparenz in der gesamten Lieferkette. Forschende der Universität Vechta wollen eine sozial und ökologisch verantwortliche Produktion und einen nachhaltigen Konsum mithilfe digitaler Technologien unterstützen.
Nachhaltige Textilindustrie fördern
Kundinnen und Kunden wünschen sich, dass Unternehmen nachhaltiger produzieren und vermehrt soziale und ökologische Aspekte berücksichtigen, wie Befragungen zeigen. Jedoch schlägt sich dieser Wunsch nur eingeschränkt im faktischen Kaufverhalten nieder. Auf der einen Seite gehört ein günstiger Preis zu den zentralen Kaufkriterien. Auf der anderen Seite wirken fehlende oder lückenhafte Informationen einem nachhaltigen Konsum entgegen. Für Außenstehende ist es schwierig, globale Wertschöpfungsketten nachzuvollziehen. Gütesiegel und Zertifizierungen ändern hieran nur bedingt etwas, da zum einen ihre Inhalte nicht immer klar sind und zum anderen die zugrundeliegenden Auditierungen versprochene Standards nicht garantieren können.
Verantwortung der Unternehmen
Mithilfe digitaler Technologien will ein Forschungsteam der Universität Vechta mehr Transparenz in der Textilindustrie schaffen, um die Arbeits- und Umweltbedingungen vor Ort deutlich zu verbessern. „Unternehmen müssen mehr Verantwortung für ihre Lieferketten übernehmen“, fordert Prof. Dr. Nick Lin-Hi, Leiter des Projekts Business is People, „und bei ihren Lieferanten auf die kontinuierliche Verbesserung von Arbeits-, Umwelt- und Sozialstandards hinwirken.“ Generell geht mit komplexen Lieferketten das Problem einher, dass Daten zu ökologischen und sozialen Standards manipulierbar sind. Daher ist es notwendig, die Integrität von Informationen sicherzustellen.
Digitale Technologien als Grundlage
Eine innovative Variante besteht darin, Wertschöpfungsketten und die hier stattfindenden Aktivitäten für Kundinnen und Kunden sichtbar zu machen. „So können etwa mittels eines QR-Codes an einer Jacke Menschen in der Produktion vorgestellt und Informationen zu Produktionsprozessen und Lieferanten gegeben werden“, beschreibt Nick Lin-Hi einen Ansatz. „Das macht Nachhaltigkeit erlebbar, steigert die wahrgenommene Wertigkeit eines Produkts und ermöglicht die Differenzierung im Markt.“ Entscheidend ist, dass durch eine intelligente Verknüpfung von Sensoren, dezentrale Datenbanken wie etwa Blockchain sowie Echtzeitdatenerfassung sichergestellt werden kann, dass die bereitgestellten Informationen die Realität zeigen. Bis hierhin besteht noch einiges an Forschungsbedarf, aber das Ziel ist klar: eine Wertschöpfung, die nicht auf Kosten von Mensch und Natur geht, so dass Kundinnen und Kunden bedenkenlos bei der nächsten Jacke zugreifen können.
Rendite profitiert von Standards
„Für Unternehmen sind derartige Ansätze hoch interessant“, findet Nick Lin-Hi, „zumal ein Gesetz im Gespräch ist, das Unternehmen für Verfehlungen in ihren Lieferketten haftbar macht.“ Der Strategieforscher ist überzeugt, dass sich ein fundiertes Management von Nachhaltigkeit in Lieferketten nicht nur aus ökologischer und sozialer Sicht lohnt, sondern auch langfristig wirtschaftlich auszahlt. „Diverse Forschungsergebnisse zeigen einen positiven Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und Mitarbeiterleistung“, berichtet er. Eine zu Forschungszwecken initiierte Webseite stellt Menschen aus der Produktion vor, wie sie leben und was sie verdienen. Zudem werden die Zulieferer benannt, von denen das Material eines bestimmten Kleidungsstücks stammt.
Fach Wirtschaft und Ethik
Universität Vechta
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49377 Vechta
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