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Sekundäre Traumatisierung in der Bewegung für Tiere

26. 11. 2024
Verfasst von: Lydia Käufer, Andrea D. Schwanzer

Sekundäre Traumatisierung in der Bewegung für Tiere

Ein Mensch streichelt den Hals einer Pute. Sein Blick drückt Mitgefühl aus. © https://land-der-tiere.de
Besonders empathischen Tieraktivist*innen kann es passieren, dass Bilder oder Videos, die Gewalt gegen Tiere zeigen, eine sekundäre Traumatisierung auslösen.

Rettungskräfte, medizinisches Personal oder Sozialarbeitende, die Menschen nach traumatischen Erlebnissen helfen, können die Ereignisse manchmal selbst nur schwer verarbeiten. Eine sekundäre Traumatisierung kann auch Menschen, die sich für Tiere engagieren, betreffen, wenn sie mit Gewalt gegenüber Tieren konfrontiert sind. Die Hochschule Hannover entwickelte ein Instrument, um Belastungsfaktoren zu identifizieren und zu messen. Vorbeugende Maßnahmen sollen die psychische Gesundheit von Tieraktivist*innen schützen.

Konfrontation mit Gewalt gegenüber Tieren belastet

Tieraktivist*innen setzen sich mit potenziell traumatisierender Gewalt gegenüber Tieren in Tierversuchslaboren, Schlachthäusern oder Pelzfarmen auseinander. Viele berichten über eine tiefe empathische Verbundenheit sowie hiermit zusammenhängende überwältigende Gefühlszustände. Die empathische Auseinandersetzung mit Trauma-Material wie Bildern, Berichten und Videos kann zu sekundärem traumatischem Stress führen. Wird dieser traumatische Stress von den Betroffenen in der Folge nicht bewältigt, definiert das die Psychotraumatologie als sekundäre Traumatisierung. Im Forschungsprojekt „BeRTa – Belastungsfaktoren und Ressourcen zur Sekundären Traumatisierung bei Tieraktivist*innen“ hat eine Forschungsgruppe der Hochschule Hannover ein Instrument entwickelt, um die sekundäre Traumatisierung durch die Gewalt gegenüber Tieren zu messen.

Die Kreuztabelle listet Ernährungsformen mit und ohne Engagement auf sowie die Anzahl der traumatisierten und nicht traumatisierten Personen. © Lydia Käufer
Die Gruppenanalyse zeigt, dass Personen, die sich für Tiere engagieren, häufiger von sekundärer Traumatisierung betroffen sind als Menschen ohne Engagement. (1: Menschen, welche sich sowohl von tierischen als auch pflanzlichen Produkten ernähren)

Sekundäre Traumatisierung durch Empathie für Tiere

Das Instrument erfasst die Symptombereiche Intrusion (Wiedererleben), Vermeidungsverhalten, Übererregung und negative Veränderungen der Kognitionen und Stimmung. Es orientiert sich an dem Fragebogen zur sekundären Traumatisierung von Judith Daniels (2006) und wurde an 402 Personen getestet. Die Validierung erfolgte mithilfe der Konstrukte emotionale Empathie, Exposition gegenüber Trauma-Material und Kohärenzgefühl und wurde durch Regressionsanalysen bestätigt. Von 310 Personen, die sich für Tiere engagieren, gaben 37 Prozent ein Ausmaß und eine Kombination von posttraumatischen Belastungssymptomen an, sodass sie als sekundär traumatisiert einzustufen sind. Innerhalb der Gruppenanalysen zeigte sich, dass insbesondere in der veganen Gruppe mit Engagement (223 Personen) eine sekundäre Traumatisierung verstärkt auftritt (39 Prozent).

Eine Person in Schutzkleidung steht in einem dunklen Stall und schaut zu einem höher sitzenden Huhn hinauf. © Animal Rights Watch e.V., flickr.com
Vorbeugende Maßnahmen wie Supervisionen können dabei helfen, die Resilienz von Tierschutzaktivisten zu stärken und die psychische Gesundheit zu schützen.

Belastung vorbeugen, Resilienz stärken

Im weiteren Projektverlauf setzen die Forschenden das Instrument ein, um bei Tieraktivist*innen Belastungsfaktoren und Ressourcen zu identifizieren, die eine sekundäre Traumatisierung begünstigen beziehungsweise dieser präventiv entgegenwirken. Hierdurch können praktische Maßnahmen auf organisationaler sowie individueller Ebene entwickelt werden, die die Resilienz und psychische Gesundheit dieser Personengruppe stärken. Denkbar sind beispielsweise psychoedukative Interventionen oder Supervisionen, die eine nachhaltige Partizipation am Aktivismus für Tiere ermöglichen.

 

Hier finden Sie weitere Informationen:

Redaktioneller Hinweis: Dieser Text steht unter der CC BY 3.0 DE-Lizenz
Zitation: Käufer, L., & Schwanzer, A. (2024). Sekundäre Traumatisierung in der Bewegung für Tiere. Wissen Hoch N. https://doi.org/10.60479/5NW2-3553
Lydia Käufer, M. A.
Adresse
Hochschule Hannover
Fakultät V, Institut für angewandte Gesundheits-, Bildungs- und Sozialforschung (GBS)
Lydia Käufer, M. A.
Adresse
Hochschule Hannover
Fakultät V, Institut für angewandte Gesundheits-, Bildungs- und Sozialforschung (GBS)
Hochschule Hannover, Stabsabteilung Forschung, Entwicklung und Transfer
Hochschule Hannover, Stabsabteilung Forschung, Entwicklung und Transfer

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