03. 08. 2021
Verfasst von: Alexandra Pehlken, OFFIS – Institut für Informatik
Ressourcenknappheit – nur während einer Pandemie ein Thema?
Nicht erst seit der Corona-Pandemie verursachen unterbrochene Lieferketten ernstzunehmende Probleme. Fehlende Bauteile oder Engpässe bei Computerchips bremsen die Produktion und Digitalisierung in allen Lebensbereichen. Auch digitale Technologien benötigen große Mengen an Energie und Ressourcen, bieten aber zugleich Lösungen für eine effizientere Kreislaufwirtschaft. Bei dieser Herausforderung unterstützt OFFIS, das Institut für Informatik in Oldenburg, gezielt Unternehmen.
Digitale Lösungen für effiziente Kreislaufwirtschaft
Havariertes Containerschiff versperrt Suezkanal – diese tagelange Blockade im März 2021 machte sehr deutlich, welche unmittelbaren Konsequenzen störanfällige Lieferketten und temporäre Ressourcenknappheit nach sich ziehen können – auch wenn diese Lücken oft schnell wieder geschlossen werden. Mehr als 400 Schiffe stauten sich auf beiden Seiten der Wasserstraße und führten zu langwierigen Engpässen im Welthandel. „Der Kern des Problems ist dabei unser genereller Umgang mit Ressourcen“, sagt Dr. Alexandra Pehlken von OFFIS, dem Oldenburger Institut für Informatik. „Sowohl bei Rohstoffen als auch bei Energie verbrauchen wir heute Mengen, die unseren Enkelinnen und Enkeln definitiv nicht mehr zur Verfügung stehen werden.“
Alle Wertschöpfungsketten betrachten
Alexandra Pehlken leitet den neu gegründeten Kompetenzcluster „Nachhaltigkeit und Digitalisierung“ bei OFFIS. Der Cluster bündelt die Kompetenzen im Bereich Informationstechnologie mit internationalen Nachhaltigkeitsthemen. Dazu gesellt sich die Herausforderung, dass Europa im Sinne des Green Deals bis zum Jahr 2050 CO2-neutral werden will. Die Wissenschaftlerin sieht es als unabdingbar, nachhaltige, ganzheitliche Lieferketten zu forcieren und mit einer ressourcenschonenden Produktion und Kreislaufführung zu kombinieren. „Das stellt Unternehmen vor bisher unbekannte, aber lösbare Herausforderungen“, stellt sie fest. „Ressourcenknappheit ist daher keineswegs nur ein Pandemiethema.“
Nachhaltige Lieferketten werden weniger angreifbar, sichern den Nachschub für das Unternehmen langfristig und vermeiden CO2-Emissionen. Weil davon auszugehen ist, dass der CO2-Preis in Zukunft eher steigen als fallen wird, ist es für Unternehmen unverzichtbar, gezielt Emissionen einzusparen. „Betriebe dürfen nun nicht mehr nur den ökonomischen Vorteil für sich in Anspruch nehmen, sondern müssen auch die ökologische und soziale Säule des nachhaltigen Wirtschaftens betrachten, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, betont Alexandra Pehlken. Digitale Technologien können dabei helfen, die Herkunft von Ressourcen und Produkten zu dokumentieren und zurückzuverfolgen, zum Beispiel über Blockchain, RFIDs oder Bluethooth. Somit lassen sich eventuelle Konflikte in der Zukunft unterbinden.
Lieferketten rückverfolgen, Rohstoffe wiederverwenden
Allerdings können digitale Lösungen allein nicht den Ressourcenverbrauch reduzieren. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist ein lückenloses Datenmanagement über die beteiligten Unternehmen hinweg. „Ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft sollten wir digitale Technologien verwenden, um mehr Rohstoffe beziehungsweise Produkte wiederzuverwenden, aufzubereiten und als Gebrauchtteil länger zu nutzen“, erläutert die Nachhaltigkeitsexpertin. „Dafür kann jeder von uns einen Beitrag leisten.“ Alexandra Pehlken hat mit ihrer Forschergruppe Cascade Use einen Prototyp für gebrauchte Autoteile entwickelt, der Retouren mit historischen Daten vergleicht und dadurch die Lebensdauer der Bauteile vorhersagt. Ein digitaler Zwilling hilft zum Beispiel, mehr Rohstoffe wiederzuverwenden. „Bei der Produktentwicklung sollte das Recycling vermehrt mit einbezogen werden“, fordert die Wissenschaftlerin.
Digitalisierung für die Wirtschaft
Das OFFIS fördert als anwendungsorientiertes Forschungsinstitut die regionale Wirtschaft mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien. OFFIS agiert dabei auch als Kompetenzzentrum Digitalisierung für die niedersächsische Wirtschaft. Im Kontext der Industrie 4.0 erfordern komplexe Wertschöpfungsprozesse mehr Flexibilität in den Produktionsabläufen. Außerdem zwingen der Fachkräftemangel und der wachsende globale Konkurrenzdruck viele Unternehmen zur intelligenten Automatisierung von immer neuen Prozessen. Waren es in der Vergangenheit vereinzelte Produktionsschritte, die in einer Maschine automatisiert wurden, rücken nun immer öfter Prozessketten in den Fokus.
Oldenburg
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