03. 02. 2025
Verfasst von: Lorenz Däubler, Tobias Unglaube, Laurits Buhrmann
Neuronale Netze erhöhen Sicherheit in der Verfahrenstechnik
In der Verfahrenstechnik sorgen Sicherheitseinrichtungen dafür, potenzielle Gefahren zu erkennen, damit zum Beispiel die Anlage nicht überhitzt oder überfüllt wird. Doch was passiert, wenn ein Sensor dieser Sicherheitseinrichtung fehlerhaft ist oder ein Ventil klemmt und die Anlage nicht abschaltet? Hierfür hat die Ostfalia Hochschule in einer Industriekooperation ein neuartiges Überwachungssystem auf Basis künstlicher neuronaler Netze entwickelt, das Risiken frühzeitig erkennt.
Nicht-invasive Sicherheitsprüfung von Anlagen
Funktionale Sicherheit spielt eine wesentliche Rolle in der Industrie 4.0. Elektronische Sicherheitseinrichtungen in Verbindung mit spezieller Software bewahren uns bereits heutzutage in vielen technischen Anwendungen vor potenziell gefährlichen Zuständen. Sie gewährleisten somit die Sicherheit von Mensch, Maschine und Umwelt. Neue Technologien wie Machine Learning, künstliche Intelligenz (KI) und Cloud-Dienste ermöglichen es, enorm große Datensätze aus dem laufenden Anlagenbetrieb kontinuierlich zu überwachen und zu analysieren. „Dadurch können Sicherheitsrisiken frühzeitig erkannt und vermieden werden, ohne die Anlage abschalten oder neue Messsysteme installieren zu müssen“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Lorenz Däubler von der Fakultät Elektro-und Informationstechnik der Ostfalia Hochschule. Er spricht von nicht-invasiver Plausibilisierung der Sicherheitseinrichtung.
Anlagezustand vorhersagen und abgleichen
Die Bayer AG hat in Zusammenarbeit mit dem Ostfalia-Team ein solches nicht-invasives Prüfsystem auf Basis künstlicher neuronaler Netze entwickelt. Das System entstand komplett in einer unternehmensweit verfügbaren Cloud und wird darüber betrieben. Dazu werden alle notwendigen Anlagendaten in einem Cloud-basierten Data Lake zur Verfügung gestellt. Mit diesen Daten werden dann künstliche neuronale Netze trainiert, um den Anlagezustand vorherzusagen. Wendet man das trainierte Netz auf Echtzeitdaten an, lässt sich eine Abweichung zwischen dem vorhergesagten und gemessenen Anlagenzustand ermitteln.
Der Mensch entscheidet, die KI unterstützt
Liegt diese Abweichung unter einem bestimmten Wert, können die Anlagenfahrer davon ausgehen, dass die Sicherheitseinrichtungen ordnungsgemäß funktionieren. Bei höheren Abweichungen können sie rechtzeitig prozesstechnische Gegenmaßnahmen einleiten und die Abweichungsursache näher untersuchen. „Die Sicherheitseinrichtung, die für die notwendigen Prozesseingriffe sorgt, soll nicht ersetzt, sondern unterstützt werden“, führt Tobias Unglaube, Head of Global Digital Manufacturing bei der Bayer AG, weiter aus. „Vergleichbar zu einem Assistenzsystem im Auto gibt die KI Hinweise zur Funktionstüchtigkeit der Sicherheitseinrichtung.“ Dadurch lassen sich auch deren Wartungsintervalle verlängern und Kosten einsparen, ohne die Sicherheitsvorkehrungen zu beeinträchtigen.
Glossar: Künstliche neuronale Netze
Diese Netzwerke aus künstlichen Neuronen sind vom menschlichen Gehirn inspiriert. Damit können Computer sehr viele Daten auswerten und somit komplexe Probleme lösen. Dazu muss das Netz anhand von Beispieldaten trainiert werden. Das trainierte Netz kann dann für neue Daten Vorhersagen, Empfehlungen oder Entscheidungen treffen.
Fakultät Elektro- und Informationstechnik
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38302 Wolfenbüttel
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