24. 02. 2021
Verfasst von: Gernot Beutel, Annika Bock, Meike Kröhnert, Dennis Medefind, Jens Wille
Corona – Infektionsketten schneller nachverfolgen
Wo waren Sie in den vergangenen Tagen und wen haben Sie alles getroffen? Das Identifizieren der Kontaktpersonen ist für COVID-19-Infizierte häufig schwierig und für die Gesundheitsämter extrem personal- und zeitaufwändig. An der Medizinischen Hochschule Hannover hat ein Team aus Medizinern und IT-Experten ein visuelles, kartenbasiertes Dokumentationssystem entwickelt, um Kontakte während einer Virus-Pandemie schnell und intuitiv zu erfassen.
Digitale Nachverfolgung von Kontaktpersonen
Kontaktpersonen nachzuverfolgen ist in Zeiten der Corona-Pandemie eine wesentliche Strategie, um Infektionsketten zu unterbrechen und die unkontrollierte Ausbreitung von SARS-CoV-2 zu verhindern. Das ist Aufgabe der Gesundheitsämter, die bei hohen Infektionszahlen jedoch schnell an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Die telefonische Befragung von Erkrankten nach möglichen Kontaktpersonen und Aufenthaltsorten ist personell sehr aufwändig. Erinnerungslücken und Zeitdruck erschweren zusätzlich eine detaillierte Erhebung. Die Anwendung KADOIN soll Betroffene und Mitarbeiter der Gesundheitsämter bei der Kontaktnachverfolgung digital unterstützen.
Navigation zu Aufenthaltsorten
KADOIN, die kartenbasierte Dokumentation von Indexpatienten, ist an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) im Team von Dr. Gernot Beutel mit dem Geodaten-Experten Jens Wille und seiner Firma Ubilabs entwickelt und vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gefördert worden. „Ähnlich einer modernen Navigationssoftware führt das System die Betroffenen an ihre letzten Aufenthaltsorte, die entweder manuell eingegeben oder aus einem Smartphone ausgelesen werden“, erklärt der Mediziner. „Anhand von Ortsangaben können sich Betroffene leichter an konkrete Situationen und die damit verbundenen Kontaktpersonen erinnern und diese selbstständig dokumentieren.“
Kein Fremdzugriff auf Daten möglich
In der Praxis wird die Anwendung von den Gesundheitsämtern zur Verfügung gestellt. Der eigentliche Einsatz erfolgt jedoch ausschließlich lokal auf dem Endgerät der Nutzerinnen und Nutzer. „Da die Daten nicht auf zentralen Servern oder in einer Cloud gespeichert werden, ist ein unbefugter Zugriff durch Behörden nicht möglich“, betont Gernot Beutel. „Erst wenn die Nutzer ihre erfassten Informationen aktiv freigeben, werden die Kontaktlisten an das zuständige Gesundheitsamt übermittelt.“ Für die datenschutzrechtlichen Aspekte wurde seitens des BMG der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) beratend hinzugezogen.
Erprobung und Weiterentwicklung
Seit November 2020 wird die Software an der MHH evaluiert und von Studierenden und Interessierten erprobt. Zudem untersuchen die Forscher, ob ein szenisches Gedächtnisprotokoll die Datenqualität in der Kontaktnachverfolgung verbessert. In weiteren Schritten wird KADOIN auf die Bedürfnisse der Gesundheitsämter abgestimmt und in unterschiedlichen Sprachen zur Verfügung gestellt.
Hier finden Sie weitere Informationen:
Projektpartner:
Medizinische Hochschule Hannover
Medizinische Hochschule Hannover
30625 Hannover
30625 Hannover